Zeitschriftenartikel 1998

Düsseldorfer Hefte, Manfred Bade Rheinische Post


„Wichtig ist doch daß Du lebst“


Ein Bild ist etwas, das lebt, ein - in Grenzen - eigenständiges Wesen. Nicht umsonst bezeichnen Künstler ihre Werke gerne als ihre Kinder. Die Sorge darum hört nach dem Malprozeß nicht auf. Und die Geburtswehen haben oft lange vor diesem begonnen. „Du spürst plötzlich, da etwas ist, das will raus“, sagt die Düsseldorfer Künstlerin Monika Leufen, die ihr Atelier im linksrheinischen Meerbusch hat. Und wenn sich dieses Gefühl dann einstellt, muß ich Farbe bekennen.“ Die Farbe steht im Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens.“


Die oft sehr konkreten Formen, die üppigen Frauen,die Städte,die Liebenden, die Blumen und die Bäume sind eher Transportmittel, sie reichen als Gefäße nicht aus, um all das Gefühl aufzunehmen, das da raus will, sie laufen über zur Farbe. Letztendlich sind sie eingehüllt in die Töne, die in ihrer Aussage über das Skizzierte hinausgehen, sind sie davon umhüllt, nicht selten verhüllt.


Monika Leufen, die Objekt Design an der Fachhochschule Krefeld studiert hat, die ihre Diplomprüfung in Wandmalerei ablegte, strebt an, was nicht erreichbar ist: mit ihrer Malerei die Wirkung zu erziehlen, die ein Musikstück auf einen Zuhörer ausübt. Den Menschen in seinen Gefühlen abbilden. Und wie der beseelte Komponist das zu tun pflegt, so arbeitet auch Monika Leufen aus dem Wissen um die belebende Wirkung punktgenau gesetzter Dissonanzen. „Ein Bild kann vor lauter Harmonie tot sein“, sagt sie. Mit einer wütend gesetzter Unfarbe, mit atypisch ins Bild gehauenen Kreidestrichen und Haken widersetzt sie sich dieser Gefahr. In ihren jüngsten Bildern, in Slowenien entstanden, sind es mutig in die Zentren der Bilder positionierte schwarze Flächen,dunkle Übermalungen früchtevoller Landschaften,die den Ansatzpunkt ihres Bildverständnisses in den Vordergrund rücken. Der Liebreiz ist mehrere Schritte zurückgetreten, lugt vorsichtig um die Ecke und trägt dabei Zweifel im Gesicht.


Monika Leufens Arbeit wirkt mitunter in sich gebrochen durch solche Sprünge, Stimmungsum - schwünge,Gefühlsströme, denen sie sich aussetzt, auch durch ihre Reisen. Das seismographische Zeugnisablegen kann Gegensätze nicht ignorieren - geschähe solches, wäre das der wirklich Bruch. Immer ist die Farbe bei ihr sinnhaft für tragenden Optimismus, verdeutlicht sie das grundsätzliche Annehmen des Weges, führe er nun über Rot, Blau, Gelb oder gar Schwarz, sei er nun von einer geladenen Mischung geprägt oder verlaufe er in ruhigeren Bahnen. „Aus dem Schauen auf den eigenen Standort, eigene Bedingtheit, Grenze und Möglichkeit erwächst ja auch Wirkkraft, die sich verändernd in gesellschaftliche Fragen mischt“, erklärt die Künstlerin ihre Haltung. Dieses Bemühen sei ihr verantwortlicher Beitrag zu den Bildern; ein weiteres Stück Arbeit komme allerdings dem Betrachter zu, der schließlich seine eigenen Hintergründe und Assoziationen einbringe. „Natürlich gebe ich etwas von mir, aber der Betrachter sieht immer sich. Für mich ist ein Bild fertig, wenn die Farben, die ich auf den Malgrund gesetzt habe, in ihrer Wertigkeit ein ausgeglichenes Spannungsverhältnis zueinander haben.“


Schon Monika Leufens Großvater Otto Emil Leufen, wie die Künstlerin auch ein gebürtiger Düsseldorfer (1866), war gestalterisch tätig und übte den kreativen Beruf des Bildhauers aus. Um die Jahrhundertwende studierte er an der Kunstakademie und verdiente bald darauf mit Kunst am Bau so gut, daß er es sich leisten konnte, sein Oberkasseler Atelier mit dem Kutschtaxi aufzusuchen. Nach dem Ersten Weltkrieg änderte die Auftragslage,so daß Otto Emil, Monika Leufens Vater, nahelegte, sich einen nahrhafteren Beruf zu suchen, als die faszinierende Bildhauerei. Emil Leufen, dem das Malen noch heute im Blut liegt, wurde Meister in einer Spezialfirma für Bühnentechnik, und nicht selten waren das Opernhaus und das Schauspielhaus seine Arbeitsplätze. Es ging dabei um Maschinen, die die Bühnentechnik bewegen, die Kulissen hin- und herschieben, und es ging um Vorhänge. Da gab es Arbeit satt, denn Schauspieler brauchen Vorhänge, je mehr, desto besser. „Die wurden an der Stephanienstraße genäht, in den Räumen, in denen der Maler Jörg Immendorff heute sein Atelier hat“, sagt Monika Leufen. Noch heute erinnert sich ihr Vater an das Temperament von Gustaf Gründgens. Der habe die Handwerker oft angebrüllt,daß sie ruhig sein sollen, es würde geprobt. Einmal aber gab Gründgens Emil Leufen einen persönlichen Auftrag - für das privat Geistige sozusagen. Leufen montierte in Gründgens Wohnung eine schmiedeeiserne Bar. „Mephisto“ bedankte sich herzlich,mit „teuflischem“ Lächeln und „diabolischem“ Händedruck.

Das Faustische, Sinn und Erfüllung Suchende im Stammbaum von Monika Leufen - manchmal war es, der Not gehorchend, nur in Spurenelementen vorhanden, es riß aber nicht ab. Immer war die Bereitschaft wach, um eines Hauchs Metaphysis wegen manches an persönlichen Ansprüchen zurückzustellen. „Wichtig ist doch, Du lebst“, sagt Monika Leufen. Das Materielle müsse schon sein, aber nur als ein Ausgangspunkt, nur um von da an zu forschen, sich von dort in die Tiefe zu seilen. Manchmal gebe schon eine kleine, bedeutungslos anmutende Erinnerung dem Schaffensprozeß Kraft.


Werke von Monika Leufen sind noch bis zum 9. Januar in den großzügigen Räumlichkeiten der Sparkassen-Informatik-Systeme (SIS) West GmbH an der Nikolaus-August-Otto-Allee 2 in Köln zu sehen. Am 21. Februar ist dann in der Meerbuscher Teloy-Mühle die Vernissage zu einer Gemeinschaftsausstellung mit dem Bildhauer Christoph Krane unter dem Motto „Gegensätze“.


Manfred Bade