REDE 1992

Die Einführungsrede zu den Bildern von Monika Leufen anlässlich der Ausstellung 1992 in der Galerie, Freie Malerei, in Meerbusch, hielt Frau Prof. Dr. Roswitha Hirner am 24.5.1992

Meine Damen und Herren,


Farben, leuchtende, kräftige Farben, großflächig und großzügig auf die Leinwände verteilt – wir können uns ihrem Bann nicht entziehen. Spontan erreicht Monika Leufen durch die Farbe unser Gefühl, versetzt uns in eine positive Stimmung.


Fast ebenso schnell versuchen wir, in ihren Bildern Bekanntes wieder zu finden, Gegenständliches, Anthropomorphes. Und wir erkennen, häufig reduziert bis zu linearer Zeichenhaftigkeit, aufgelöste Reste von Formen, die an reale, erlebbare und erlebte Dinglichkeit und Körperlichkeit erinnern. So finden wir Zeichen von Blumen, Bäumen, Bergen und vor allem immer wieder weibliche Figuren, die in ihrer Gesichtslosigkeit und Vereinfachung an symbolhafte archetypische Muttergestalten denken lassen.


Diese Realitätsfragmente schweben meist frei auf der Farbfläche, manchmal verbinden sie sich mit der Farbe zu bekannten Formen, die sich wieder auflösen in eine Farbigkeit, die unabhängig von den gegenständlichen Motiven eine eigene Gesetzmäßigkeit aufweist. Unsere Phantasie, gleichermaßen angeregt durch Gefühl und Intellekt, lässt durch die irrealen Verknüpfungen von Form und Farbe die verschiedensten Interpretationen entstehen.


Bei allen subjektiven Deutungsmöglichkeiten der einzelnen Bilder und bei aller Verschiedenheit ihrer Thematik werden die Arbeiten von Monika Leufen doch offensichtlich von einer gemeinsamen Grundidee, von einem Grundanliegen getragen, was umso spürbarer wird, je länger wir uns mit ihnen beschäftigen.


Es ist dies eine alte Idee, ein altes Anliegen des Menschen, heute jedoch durch unsere besondere Situation in hohem Masse aktualisiert. Es ist der Versuch, unsere sichtbare Wirklichkeit in einen höheren Sinnzusammenhang zu stellen, sie aufzulösen in Licht und Farbe als Symbol eines Göttlichen. Schon Echnaton hat dies in seinem großartigen Sonnengesang formuliert:

„Die Welt befindet sich auf deiner Hand,

wie du sie geschaffen hast.

Wenn du aufgeleuchtet bist, sterben sie.

Du bist die Lebenszeit selbst, man lebt in dir.

Die Augen schauen Schönheit, bis du zur Rüste gehst.“


Auf gotischen Kirchenfenstern können wir aufgrund der grossen Entfernung nur bruchstückhaft Formen und Figuren erkennen, und doch fühlen, ja wissen wir, dass uns in ihnen gleichsam als Lichtschau die mystische Gotteserfahrung vermittelt wird.


Licht als Sinnbild allen Lebens und als eine Offenbarung Gottes in der Natur was auch ein Thema der romantischen Kunst, insbesondere Caspar David Friedrichs und Philipp Otto Runges.


Das Wissen um die fortschreitende Zerstörung der Schöpfung Gottes, der Natur und damit verbunden der Lebensbedingungen des Menschen hat wie nie zuvor die Sehnsucht nach einer im wörtlichsten Sinn heilen Welt hervorgerufen. In diesem Zusammenhang müssen Monika Leufens Bilder gesehen werden, nur so wird verständlich, warum sie immer wieder auf die Grundfarben des Lichtspektrums zurückgreift, vor allem die positiven Farben Gelb, Blau und Rot. Ihre Bilder können als Mahnung verstanden werden, den Zusammenhang von Mensch und Natur, die Abhängigkeit des Kreatürlichen und Dinglichen von dem ganzen Universum, ja von einem übergeordneten göttlichen Prinzip nicht zu vergessen. Sie regen durch ihre Farbigkeit und durch ihre Zeichenhaftigkeit zum Meditieren und Spekulieren an, stimmen uns dabei meist hoffnungsvoll und zuversichtlich und helfen, Ängste zu überwinden, Möglicherweise hat in diesen Bildern die Malerin selbst sich Ängste von der Seele gemalt.


Vor einigen Tagen sagte mir Frau Leufen, einige ihrer Bilder seien religiöse Bilder. Ich meine, in dem von mir aufgezeigten Sinne sind alle ihre Bilder religiöse Bilder.